Martinas erster Tag 2019( 01.12.2019)

Heute ist Sonntag, der 1. Dezember 2019, Nationalfeiertag in Rumänien. Wir haben ein riesengroßes volles Lager, welches wir die nächsten Tage leeren. Wir fragen uns wie? …




und gleichzeitig wissen wir, dass wir die 8000 Päckchen, 8000 Turnbeutel und zig Lebensmittelpakete und Sachspenden in den nächsten Tagen verteilen.

Für den heutigen Tag haben wir geplant direkt in die Familien zu gehen. Erst suchen wir die ganzen Dinge, die wir brauchen zusammen. 5 Familien besuchen wir, da wollen wir natürlich an alles denken. Unsere Glücklichmacher sind mit Liebe gepackte Weihnachtspäckchen, Hygieneartikel, Familienpakete, Lebensmittel… ah und was auf keinen Fall fehlen darf sind: Fahrräder, Rollatoren, Spielzeug, Süßigkeiten und Kuscheltiere. Mit einer Person aus Craiova und einem deutsch- und rumänisch sprechenden Mitfahrer (damit wir uns auch mit den Menschen hier verständigen können) geht’s los… am ersten Tag sind wir alle noch aufgeregt.. mit neuen Mitfahrern an meiner Seite… welchen ich natürlich am liebsten alles auf einmal gezeigt hätte….. geht’s los. Unsere heutige Route liegt komplett in Craiova, ein wenig am Stadtrand und man frägt sich, gibt es hier tatsächlich Bedürftige? Ja es gibt sie und zwar nicht wenig…

Als erstes erwarten uns drei junge Damen zwischen 14 und 19. Es sind Mädchen aus einem Heim. Ein Mann und eine Frau haben sie aus dem Heim zu sich geholt und kümmern sich um sie. Wir schauen die drei an und sehen gleich, was sie brauchen. Mit neuen Jacken mit trendigem Kunstfell an der Kapuze und neuen Winterstiefeln haben wir ein Strahlen ins Gesicht gezaubert. Weihnachtspakete und Lebensmittel haben wir auch noch da gelassen. Leider wollte die Familie nicht, dass wir mit  reinkommen. Ich denke mal, dass sie sich schämen und das respektieren wir natürlich. Als wir weiter wollten macht uns Günni auf ein Tor gegenüber aufmerksam. Eine alte Frau hat hier ein Tor geschlossen. Unser Instinkt sagt uns, da müssen wir hin… wir haben das uralte quietschende Eisentor geöffnet und ein alt bekannter Blick kam zum Vorschein… Schlammiger Boden… ein Hund an der Kette… ein kleines kaputtes Häuschen und vor uns eine alte Frau, welche kaum gehen konnte… gleich sind wir zum LKW und haben der Frau einen Rollator geholt, auf welchen sie sich gleich setzen wollte und sie strahlte… die Freude war unbeschreiblich… ich glaube so sehr freut sich bei uns nicht mal jemand, der 3 Millionen Euro beim Lotto gewonnen hat… zufrieden standen wir da, haben uns von ihr verabschiedet… ich bin mir sicher, für sie war heute „heilig Abend“…

Wisst ihr was wirklich so unbezahlbar ist? Die Freude zu sehen, welche Menschen empfinden können… Freude, die von tief innen nach außen kommt… Freude die ansteckt, strahlende Augen, die uns antreiben… Freude die wir als Geschenk bekommen und an euch weitergeben möchten.

…wir verlassen die Innenstadt, biegen rechts ab, biegen links ab fahren ein wenig weiter und dann stehen wir in einer Straße, wo wir uns überlegen, fahren wir da wirklich rein, können wir reinfahren? Sind die Stromkabel hoch genug, damit wir mit dem LKW unten durch kommen… am Anfang überlegt man noch, ob man in diesen Feldweg mit unzähligen Schlaglöchern mit dem LKW reinfährt, dann schauen wir uns an und unser Motto lautet: Geht’s nicht gibt’s nicht und wir wissen warum wir hier sind… am Ende des Feldweges steht eine Frau auf der Straße, sie hat ein Kind, einen Jungen  6 Jahre. Als erstes haben wir nach einem Fahrrad geschaut… leider war es ein bißchen zu groß.. egal wir hielten das Rad fest, der Junge hat sich draufgesetzt, erreicht gerade so die Pedale und fährt los… durch den schlammigen Weg geht’s los, erst bin ich mitgerannt, dann hab ich losgelassen… er freut sich so, wir hören das juchzen, die Mutter hat Tränen in den Augen vor Freude…  und freut sich mit ihrem Sohn… dann macht es platsch und der Junge liegt mit der neuen Jacke und dem neuen Fahrrad im Schlamm.. wir hatten alle ganz vergessen, dass er beim Bremsen mit den Füßen den Boden nicht erreicht… vor lauter Freude war aber auch das egal… aufstehen und wieder zurück… wir überreichen ein Päckchen und Lebensmittel und die Mama bittet uns rein… wir dürfen mit, um dem Buben zuzusehen, wie er sich beim Auspacken freut… ich sitze mit ihm auf dem Boden und schaue zu… es war ein schönes Päckchen, es kamen verschiedene Sachen raus, ein neues Schlampermäppchen, Stifte, Blöcke, ein Schal… aber am besten war das Schlampermäppchen… er holte seine Schultasche, holte sein altes Schlampermäppchen und wir haben dann zusammen die Stifte in sein neues einsortiert… dann hat er angefangen zu malen, aber nicht auf dem neuen Block.. nein er hat auf seinen Arm gemalt…es sollte ein Herz mit Flügeln sein und er hat Mami draufgeschrieben… seine Mami hat viele Tattoos und da hat er sich eins nachgemalt… seine Mama ist alleinerziehend… seinen Vater kennt er nicht, er ist gestorben, als die Mami schwanger war… die beiden machen das Beste aus ihrer Situation.. sie lieben sich, halten zusammen und teilen glückliche Momente… sie geben nicht auf… nächstes Jahr sollen wir wieder kommen und sie möchte uns auch beschenken… aber das hat sie schon und weiß es gar nicht…

Zum Abschluß sind wir noch mit einem anderen Team ins Obdachlosenheim. Hier können normalerweise 54 Personen unterkommen, im Winter sind es bis zu 120. Auch hier werden wir sehr herzlich empfangen. Die vielen gefüllten Kartons werden uns von den Bewohnern aus der Hand gerissen, damit wir so wenig wie möglich Arbeit haben. Wir bekommen noch eine kleine Führung… lassen uns einzelne Schicksale erzählen und sind sprachlos… wie es passieren kann hier unten zu landen…

Ich könnte nun noch eine halbe Ewigkeit erzählen, höre nun aber auf und überlasse euch den anderen Berichten von meinen lieben Mitfahrern, welche bestimmt genauso schönes und doch zugleich schrecklich erleben durften…

Bis morgen!